Ziel ist die Vernetzung liberaler Initiativen. Ein Interview mit Andreas Stein.
Das Interview für eigentümlich frei führte Henning Lindhoff.
„Wir sind eine glaubwürdige Bürgerinitiative, die für Freiheit und Eigenverantwortung jedes Einzelnen eintritt. Mit diesen Worten wirbt der Verein Liberale Zukunft um Mitstreiter. eigentümlich frei fragte beim Initiator Andreas Stein nach.
ef: Herr Stein, Sie und sechs Mitstreiter haben vor wenigen Wochen den Verein „Liberale Zukunft“ gegründet. „Schon wieder eine Organisation“, mag sich mancher denken. Und was bietet „Liberale Zukunft“, das andere nicht bieten?
Stein: Heute gibt es theoretisch nichts, was es noch nicht gibt. Das führt dazu, dass viele Menschen die Hände in den Schoß legen und sagen: „Es ist alles gedacht, gesagt und getan!“ Und darunter leidet unsere Freiheit in der Praxis. Deswegen sagen wir: Wir müssen etwas tun und sind aufgebrochen, es auch wirklich zu machen. Ich denke, das unterscheidet uns von vielen anderen.
ef: Welche Ziele verfolgen Sie?
Stein: Zusammenfassen kann man unsere Ziele mit Begriffen wie „funktionaler Staat“, „freie Wirtschaft“ und eine starke, humanistisch geprägte „Zivilgesellschaft“.
ef: Wie sieht die konkrete Arbeit Ihres Vereins aus?
Stein: Organisatorische Strukturen aufbauen, Öffentlichkeitsarbeit organisieren und die ersten Projekte vorbereiten und durchführen. In Zukunft wird außerdem noch die Geldbeschaffung wichtiger werden. Auch die Vorbereitung eines Freiheitstreffens am 3. Oktober in Kassel macht viel Arbeit.
ef: Worum geht es in Kassel?
Stein: Wir erwarten an dem Tag Vertreter aus verschiedenen liberalen Vereinen, Organisationen und Parteien, zum Beispiel Susanne Kablitz von der Partei der Vernunft, Franz Niggemann vom Verein Liberale Vereinigung, Dilara Söylemez als Vertreterin des neu gegründeten Vereins Liberale Vielfalt, der die Interessen von Liberalen mit Migrationshintergrund vertritt, Sylvia Canel von der FDP (Nachtrag: Inzwischen Neue Liberale), Clubleiter diverser Hayek-Clubs, Christian Zulliger aus der Schweiz und die Sons of Libertas. Etliche nicht organisierte Gäste kommen aus dem Umfeld von CDU, SPD oder AfD. Mit diesen Personenkreisen wollen wir in kooperativer Zusammenarbeit die Basis einer liberalen Infrastruktur stärken, die tief in die Gesellschaft hineinwirken soll.
ef: Wer sind Ihre Vorbilder?
Stein: Ich persönlich orientiere mich an den Ideen des Ordoliberalismus, lehne den Staat also nicht ab, sondern erkenne die Ordnungsfunktion in der Gesellschaft, die er übernehmen kann und soll. Dabei soll sich der Staat aus meiner Sicht für die Freiheit seiner Bürger engagieren, besonders auch für die Freiheit der Schwachen. Wenn ich zum Beispiel Ludwig Erhard lese, dann meine ich, dass er sich mit seiner Kritik an Kartellen öfter und lauter gegen marktdominante Kräfte gerichtet hat als das heute von den meisten Vertretern liberaler Richtungen getan wird. Ich meine: Auch Liberale dürfen zum Schutz von Schwachen eingreifen. Mein Verständnis von Liberalismus ist nicht Laissez-faire. Aber das ist meine persönliche Note, und was Liberale Zukunft e.V. angeht, da gibt es natürlich wie überall, wo Liberale zusammen kommen, sehr unterschiedliche Noten.
ef: Was treibt Sie eigentlich persönlich an?
Stein: Ich habe freie Kunst studiert, bevor ich mich freiberuflich und als freier Unternehmer selbständig gemacht habe. Ich lebe seit 25 Jahren mit „meiner Frau“ in freier Ehe ohne staatlichen „Segen“. Vor über 30 Jahren habe ich sie in der DDR kennengelernt und damals hatten wir nicht die Freiheit, die wir uns wünschten, um eine Beziehung frei miteinander einzugehen nach unseren freien, persönlichen Vorstellungen. Seit einigen Jahren engagiere ich mich auch noch als freier Berichterstatter zu gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Fragen. Außerdem bin ich seit fünf Jahren Mitglied in einer Partei, die mit einem F für Frei anfängt – was allerdings bisher bis auf eine überschaubare Anzahl von sehr wertvollen Begegnungen und neuen Bekanntschaften überwiegend eine eher unbefriedigende Erfahrung für mich gewesen ist.
ef: Abschließend: Was bemängeln Sie konkret an der Entwicklung der FDP?
Stein: Der Mangel der FDP besteht ganz offensichtlich darin, dass sie seit 2009 auf Bundesebene durchschnittlich jeden Monat rund 0,2 Prozent an Wählern verliert. Die Gründe liegen in der Hauptsache im enttäuschenden Verhalten der FDP-Fraktion in Berlin während der schwarz-gelben Koalition, ganz besonders bei der „Eurorettung“ und der „Energiewende“. Aber auch in anderen Politikfeldern wurden liberale Grundprinzipien über den Haufen geschmissen. Und von ihrem Kernversprechen, der steuerlichen Entlastung der Mittelschicht, hat die FDP in der Koalition nichts umsetzen können. Die FDP wird sich vollkommen neu aufstellen müssen.
Dieses Interview erschien zuerst in der aktuellen Ausgabe (Nr. 146) der Zeitschrift eigentümlich frei.