Was wird bloß aus Europa? Ein Statement von Sigmar Gabriel (SPD), dazu Fragen und Antworten

Am 24.04.12 um 20:58 postete Sigmar Gabriel (SPD) auf seinem Facebookprofil das folgende Statement (http://www.facebook.com/sigmar.gabriel/posts/405068952851684):

Sigmar Gabriel: »Unsere Kinder und Enkel werden uns verfluchen, wenn wir Europa zerfallen lassen. Denn in einigen Jahrzehnten wird die wirtschaftliche Bedeutung Europas in der Welt nicht mehr so groß sein. Und wenn wir dann noch eine Stimme haben wollen im Konzert der Weltpolitik, dann werden wir eine Stimme haben müssen und nicht 27. Es ist schwer vorstellbar, dass dann der chinesische Ministerpräsident 27 Staats- und Regierungschefs nacheinander anruft um zu fragen, was deren Meinung ist zu Fragen von Krieg und Frieden, Klimaschutz oder Welthandel. Und deshalb steht und fällt die Zukunft Europas mit der Einigkeit Europas.«

Dazu sendete er einem Link auf NDR-Beitrag mit dem Titel »Sigmar Gabriel: „Stabile Mehrheit jenseits der CDU bilden“«

Berührt von dieser düsteren Perspektive des Niedergangs meiner europäischen Heimat fühlte ich mich innerlich verpflichtet zu einem Kommentar, der helfen sollte, die sich androhende Aussichtslosigkeit zu überwinden. Ich kommentierte also.

Andreas Stein: Herr Gabriel, ein paar Fragen:

  1. Was hat das mit der CDU zu tun?
  2. Was hindert „Europa“ daran, außenpolitisch „zu Fragen von Krieg und Frieden, Klimaschutz oder Welthandel“ einig aufzutreten?
  3. Warum sind Sie davon überzeugt, dass China auch noch zur Lebzeit von „unseren Kindern und Enkeln“ zentralistisch organisiert ist?
  4. Finden Sie es nicht sehr gewagt und risikoreich, über 2000 Jahre lang gewachsene dezentrale Strukturen in Europa in wenigen Jahren künstlich auf den Kopf stellen zu wollen, nur weil Ihnen ein paar Banker erzählt haben, dass das besser ist?
  5. Vor ca. 10 Jahren haben die Kollegen der Banker, von denen Sie jetzt beraten zu werden scheinen, Ihren Kollegen Gerhard Schröder beraten im Zusammenhang mit dem Beitritt Griechenlands zum Euro-Raum. Es hat sich inzwischen mehr als deutlich gezeigt, wie Herr Schröder den falschen Theorien von damals auf den Leim gegangen ist. Wie wollen Sie nun die Menschen davon überzeugen, dass Ihre Theorien, die Sie hier verbreiten, auch nur 1% zuverlässiger und beständiger sind?

Am 25.04.12 erhielt ich auf meine Fragen via Kommentar die folgende Antwort:

Sigmar Gabriel: @ Andreas Stein: Ganz kurz zu Ihren Fragen:

  1. Was hat das mit der CDU zu tun? – Erstmal gar nicht. Aber wenn Sie schon fragen: Dass die CDU bereit ist, die Reisefreiheit in Europa in Frage zu stellen, nur damit Sarkozy noch ein paar Stimmen am rechten Rand abgreifen kann, ist schon bezeichnend.
  2. Was hindert „Europa“ daran, außenpolitisch „zu Fragen von Krieg und Frieden, Klimaschutz oder Welthandel“ einig aufzutreten? – Nunja, wenn man ein bisschen Zeitung liest, kann man ja durchaus zu dem Eindruck kommen, dass sich die EU gegenwärtig in einer Krise befindet. Aus Sicht der SPD lautet die Antwort auf die gegenwärtigen Herausforderungen: Mehr Europa statt weniger. Aber es muss ein anderes Europa sein.
  3. Warum sind Sie davon überzeugt, dass China auch noch zur Lebzeit von „unseren Kindern und Enkeln“ zentralistisch organisiert ist? – Das hat Gabriel nicht behauptet. Aber es ist doch absehbar, dass sich die Gewichte in der Weltpolitik tendenziell zuungunsten Europas verschieben.
  4. Finden Sie es nicht sehr gewagt und risikoreich, über 2000 Jahre lang gewachsene dezentrale Strukturen in Europa in wenigen Jahren künstlich auf den Kopf stellen zu wollen, nur weil Ihnen ein paar Banker erzählt haben, dass das besser ist? – Niemand will gewachsene Strukturen auf den Kopf stellen. Und für Gabriel kommt es weiß Gott nicht darauf an, was ihm Banker erzählen, die haben in der Vergangenheit viel Blödsinn empfohlen. Aber: Die europäische Einigung ist eben auch eine Antwort auf die europäische Geschichte (man muss vielleicht nicht gleich 2000 Jahre zurückschauen), die im Wesentlichen von Kriegen geprägt war.
  5. Vor ca. 10 Jahren haben die Kollegen der Banker, von denen Sie jetzt beraten zu werden scheinen, Ihren Kollegen Gerhard Schröder beraten im Zusammenhang mit dem Beitritt Griechenlands zum Euro-Raum. Es hat sich inzwischen mehr als deutlich gezeigt, wie Herr Schröder den falschen Theorien von damals auf den Leim gegangen ist. Wie wollen Sie nun die Menschen davon überzeugen, dass Ihre Theorien, die Sie hier verbreiten, auch nur 1% zuverlässiger und beständiger sind? – Wie überzeugen Politiker? Indem sie argumentieren. Ob Sie diesen Argumenten glauben, ist Ihnen überlassen. Das Schöne an der Demokratie ist ja: Jeder muss sich selbst ein Urteil bilden.

Gruß vom Gabriel Team

Ich danke Sigmar Gabriel und seinem Team für deren Engagement.

Mein Fazit: So wie sich die europäische Perspektive nun für mich darstellt, werde ich wohl noch weiterhin ein paar Fragen stellen (müssen).

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2 Antworten auf Was wird bloß aus Europa? Ein Statement von Sigmar Gabriel (SPD), dazu Fragen und Antworten

  1. Andreas Stein, Kassel sagt:

    Mein FB-Freund Tilmann Breetsch kommentierte auf meiner Pinnwand dazu. Er schrieb »Mein Kommentar dort:
    „Unsere Kinder und Enkel werden uns verfluchen, weil wir hemmungslos Schulden gemacht haben, um diese ganzen liksrotgrünen Wahnvorstellungen zu finanzieren. Sie werden uns auslachen, weil wir uns selber das Licht ausgeknipst haben. Sie werden uns verspotten, weil wir das Weltklima retten wollten. Und sie werden hoffentlich eines tun: Im Internet nachforschen, wer den meisten Unsinn verzapft hat und dabei bei den GrünInnen und der SPD reichhaltig fündig werden.“«

  2. Andreas Stein, Kassel sagt:

    Zur Normalisierung der Situation mache ich folgenden Vorschlag:
    Wer jetzt noch einmal etwas zu „mehr Europa“ schreibt oder von „mehr Europa“ Sprechblasen brabbelt, bezahlt einen Tagessatz in die Bundeskasse.

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